Warum wir jetzt in Luxemburg und in Europa die richtigen Weichen für eine klimaneutrale Finanzwirtschaft stellen müssen

Sechs Jahre nach der Unterzeichnung des Pariser Klimaabkommens sind die Finanzmittelflüsse immer noch nicht im Einklang mit einer Erderwärmung von deutlich unter 2°C bzw. 1,5°C.
Trotz einiger Anstrengungen der Regierung bleibt auch in Luxemburg der Anteil der nachhaltigen Finanzen im Vergleich zum gesamten Investitionsvolumen des Finanzplatzes marginal. Etwa 29% der Fonds beziehen Nachhaltigkeitskriterien in ihre Investitionsstrategie mit ein, während nur 4% der Fonds auch anhand von konkreteren Nachhaltigkeitszielen investieren. Wie viele davon auch im Einklang mit den Zielen des Pariser Abkommens investieren, bleibt unklar. Denn anders als z.B. in der Schweiz ließ die luxemburgische Regierung bisher lediglich eine freiwillige Umfrage durchführen, deren Ergebnisse noch nicht veröffentlicht wurden.
Mit ihrer Entscheidung, Atomenergie und fossiles Gas als nachhaltige Aktivitäten zu kennzeichnen, hat die EU-Kommission den Sinn der Taxonomie ad absurdum geführt.
Ein wichtiger Baustein für eine nachhaltige Finanzwelt ist die sogenannte Taxonomie-Verordnung, welche die wirtschaftlichen Aktivitäten, die als nachhaltig angesehen und somit auch staatlich unterstützt werden sollen, definiert. Das Ziel: Greenwashing vermeiden und Investitionen in Zukunftstechnologien, die uns der Klimaneutralität tatsächlich näherbringen, fördern. Doch mit ihrer Entscheidung, Atomenergie und fossiles Gas als nachhaltige Aktivitäten zu kennzeichnen, hat die EU-Kommission den Sinn der Taxonomie ad absurdum geführt.
Die Atomenergie ist nicht nur viel teurer als erneuerbare Energien, der Bau von Atomkraftwerken dauert im Gegensatz zur Wind- und Solarenergie Jahrzehnte, womit ein Revival der Atomkraft ohnehin zu spät käme um uns gegen die Klimakrise zu helfen. Hinzu kommen die enormen Risiken für Mensch und Natur im Falle eines Unfalls sowie der Mangel an sicheren Endlagerungsstätten für hoch radioaktiven Abfall.
Beim Gas stellt sich, neben der Klimaschädlichkeit, angesichts des Ukraine-Krieges und der Abhängigkeit der EU von Russland und anderen Autokratien auch die Frage der Energieunabhängigkeit. Die aktuelle Situation zeigt uns, wie fatal die Abhängigkeit von fossilen Energien sein kann. Gas gerade jetzt als nachhaltig abzustempeln und somit politisch zu fördern wäre unverantwortlich. Die Priorität muss jetzt endgültig bei den Erneuerbaren liegen.
Das EU-Parlament ist also gefordert, den Vorschlag der Kommission klar abzulehnen. Sollten Kernenergie und fossiles Gas doch in der Taxonomie ihren Platz finden, muss Luxemburg sich juristisch dagegen wehren und dafür sorgen, dass nur wirklich nachhaltige Investitionen unterstützt werden. Dies gilt insbesondere für den ermäßigten Steuersatz bei der Abonnementssteuer, von dem Investmentfonds profitieren können, wenn sie in klimafreundliche Aktivitäten investieren.
Luxemburg muss EU-Initiativen ambitioniert umsetzen und „First Mover“ in Sachen Transparenz sein.
Unser Land baut schon lange auf einen stabilen Finanzplatz. Dies hat sich in der Corona-Krise bewährt. Doch die Klimakrise bringt neue Herausforderungen mit sich, auf die auch die Finanzwelt reagieren muss. Sie darf nicht als Bremse agieren, indem sie fossile Sektoren künstlich am Leben hält und unsere energetische Abhängigkeit zementiert, sondern muss die Transformation hin zur Klimaneutralität aktiv beschleunigen.
Luxemburg muss deshalb EU-Initiativen ambitioniert umsetzen und „First Mover“ in Sachen Transparenz sein. Unser Finanzplatz verwaltet insgesamt etwa 5.500 Milliarden Euro, womit Luxemburg der zweitgrößte Fondsstandort weltweit ist. Wir können und müssen deshalb einen großen Beitrag dafür leisten, den nachhaltigen Wandel der Finanzwelt zu beschleunigen.
François Benoy ist Abgeordneter (déi gréng).
Fabricio Costa ist Co-Sprecher von déi jonk gréng.
Erstpublikation: Lëtzebuerger Land, 22.04.2022
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