Klimakrise: Stadt Luxemburg muss handeln

Wie unsere Hauptstadt sich besser auf extreme Wetterereignisse vorbereiten kann

Starkregen und Überschwemmungen, Hitzewellen und Waldbrände – der Sommer 2021 hat uns vor Augen geführt, wie weitreichend die Auswirkungen des menschengemachten Klimawandels bereits sind. Dies wird auch durch die Wissenschaft bestätigt. In seinem neuesten Bericht über die wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Klimawandel stellt der Weltklimarat fest, dass der menschengemachte Klimawandel seit den 1950er Jahren die Häufigkeit von Hitzewellen und starken Regenfällen erhöht hat.[1] Auch unser Land wird davon nicht verschont. Als „Stater“ werden mir die Bilder der überfluteten Unterstadt in diesem Sommer so schnell nicht mehr aus dem Kopf gehen.

Solche Ereignisse sind nicht gänzlich neu. Doch es besteht ein breiter wissenschaftlicher Konsens, dass durch die Erderwärmung solche Extremwetterphänomene in Zukunft nicht nur häufiger, sondern auch intensiver werden. Auch hier liefert der Weltklimarat in seinem neuesten Bericht klare Antworten. Jede Erhöhung der Temperatur um 0,5°C führt demnach zu mehr und intensiveren Dürreperioden, Hitzewellen und Starkregen.[2] Das Erreichen der Klimaziele ist also kein Luxus, den wir uns nebenbei leisten können. Ganz im Gegenteil: Klimaschutz muss ein fundamentaler Bestandteil jedes politischen Handelns sein.

Gleichzeitig zeigt es aber auch, dass wir uns auf die bereits unausweichlichen klimatischen Veränderungen, die wir teilweise heute schon spüren, vorbereiten müssen. Angesichts der global weiter voranschreitenden Urbanisierung – der UN zufolge sollen bis 2050 rund zwei Drittel der Weltbevölkerung in Städten leben[3] – sind besonders Städte gefordert. Um gegen den Klimawandel zu bestehen, müssen sie ihre Infrastruktur stärken und vorbeugende Maßnahmen ergreifen.

Investitionen in grüne Infrastruktur

Fast zeitgleich mit den diesjährigen Ereignissen in Luxemburg kam es in der chinesischen Metropole Zhengzhou zu massiven Überschwemmungen. Chinas wirtschaftlicher Aufstieg ging in den letzten Jahrzehnten mit einer rasanten Urbanisierung einher. Gleichzeitig wurden auch in China Starkregenereignisse in den letzten Jahren intensiver und häufiger. 

Um die Städte darauf besser vorzubereiten, verfolgt China seit 2014 das Konzept der „Sponge Cities“. Bis heute sind es 30 chinesische Städte, die das Konzept als Pilotprojekt umsetzen. Es geht darum, urbane Räume so zu planen, dass sie auch mit hohen Mengen an Regenwasser fertig werden um somit Überschwemmungen zu verhindern. Dabei wird das überschüssige Wasser im besten Fall nicht nur abgeführt, sondern sinnvoll genutzt, z.B. indem Grünflächen oder Feuchtgebiete angelegt werden, deren Zweck erstrangig darin besteht, Wasser zu absorbieren. Gleichzeitig dienen sie auch als grüne Oasen für die Einwohner:innen und fördern den Erhalt der Biodiversität. Auch technische Lösungen, wie das Auffangen und Nutzen von Regenwasser oder auch wasserdurchlässige Bürgersteige und Straßen, können Teil einer solchen Strategie sein. 

Auch in anderen Städten gibt es Investitionsprogramme, um fit für den Klimawandel zu werden. Die Initiative „C40 Cities“ versammelt 97 Städte, die sich alle als Ziel gesetzt haben, ihren Beitrag zum Erreichen der Pariser Klimaziele zu leisten. Darunter sind sowohl Metropolen wie Paris, als auch kleinere Städte wie Heidelberg. Über 30 Städte haben darüber hinaus die „C40 Urban Nature Declaration“ unterschrieben und sich somit dazu verpflichtet, grüne Infrastruktur in ihren Städten zu fördern, um die Einwohner:innen vor extremer Hitze, Stürmen und Überschwemmungen zu schützen. Im Rahmen dieser Konvention müssen die Städte die Klimarisiken, denen sie ausgesetzt sind, identifizieren, klare Ziele definieren und jährlich einen Zwischenbericht veröffentlichen. Innerhalb von fünf Jahren sollen erste konkrete Projekte umgesetzt werden.

In New York werden z.B. knapp 1,5 Milliarden US-Dollar investiert, um die Ostseite Manhattans vor Überschwemmungen zu schützen. Diese Investitionen kosten heute viel Geld, doch auf lange Sicht kann man dadurch Kosten reduzieren. Der Hurricane Sandy im Jahr 2012 verursachte etwa einen Schaden in Höhe von 19 Milliarden US-Dollar. Durch eine angepasste Infrastruktur können solche extremen Ereignisse nicht verhindert, die Schäden jedoch reduziert werden.

Handlungsbedarf in Luxemburg-Stadt

Was kann die Stadt Luxemburg aus diesen Beispielen lernen? Natürlich ist unsere Hauptstadt nicht eins zu eins mit einer 10-Millionen-Einwohner-Metropole wie Zhengzhou zu vergleichen. Darüber hinaus verfügt Luxemburg-Stadt schon über viele Grünflächen und Parks. Und trotzdem: Die diesjährigen Überschwemmungen in der Unterstadt zeigen, dass viel mehr getan werden muss. 

Die Bewohner:innen der Unterstadt wurden bei den diesjährigen Überschwemmungen stark getroffen.

Erst einmal gilt es, diese Überschwemmungen genau zu untersuchen und Wege aufzuzeigen, wie die Unterstadt in Zukunft besser geschützt werden kann. So sollte z.B. untersucht werden, inwiefern eine zusätzliche Bodenversiegelung sich auf das Überschwemmungsrisiko auswirkt und welche kommunale Infrastruktur erneuert oder verbessert werden muss. Gleichzeitig sollten die Bewohner:innen der Unterstadt dabei unterstützt werden, sich auf extremere Überschwemmungen vorzubereiten, z.B. indem die Gemeinde betroffene Bürger:innen beim Ergreifen von Schutzmaßnahmen berät und eventuell sogar finanziell unterstützt. Schließlich sollte auch die Nutzung von Regenwasser von der Gemeinde gefördert werden, um die Belastung der Abwasserkanäle zu reduzieren. Dies hat den positiven Nebeneffekt, dass auch der Trinkwasserkonsum reduziert wird.

Der Wandel hin zu einer klimaneutralen und an den Klimawandel angepassten Stadt ist eine Chance für eine höhere Lebensqualität für alle, die in der „Stad“ wohnen oder arbeiten.

Einige Projekte gehen bereits in die richtige Richtung, wie zum Beispiel die Renaturierung der Péitruss im Grund, wodurch das Risiko für Überschwemmungen reduziert wird. Die Renaturierung sollte allerdings auch flussaufwärts weiter erfolgen, um zukünftigen Überschwemmungen in Grund, Clausen, Pfaffenthal und Eich vorzubeugen. Gleichzeitig muss aber auch die Renaturierung der Alzette im Norden der Stadt umgesetzt werden, um sowohl die Stadtviertel Dommeldange und Beggen, als auch die darauffolgenden Gemeinden vor Überschwemmungen zu schützen.

Lebensqualität statt Betonwüste

Die Projekte der Stadt Luxemburg zeigen, dass noch deutlich mehr in Punkto Natur in der Stadt gemacht werden kann. So wurde es zum Beispiel versäumt, die neue Place de Paris mit mehr Grün zu versehen, genauso wie beim geplanten Umbau des Knuedler. Grünflächen und Bäume müssen systematisch in urbanistische Projekte integriert werden, da sie Regenwasser aufnehmen und eine abkühlende Wirkung bei hoher Hitze haben. Auch begrünte Fassaden und Dächer sollten gefördert werden.

Der Wandel hin zu einer klimaneutralen und an den Klimawandel angepassten Stadt ist eine Chance für eine höhere Lebensqualität für alle, die in der „Stad“ wohnen oder arbeiten. Weniger Bodenversiegelung, weniger Beton und dafür mehr Grünflächen, Parks und Bäume – all dies bedeutet auch eine lebenswertere Stadt. Um dies umzusetzen, brauchen wir unbedingt einen Mentalitätswechsel weg von der Beton- und Steinwüste, hin zu grünen und lebenswerten Stadtvierteln, in denen der Asphalt und das Auto nicht im Mittelpunkt stehen, sondern die Lebensqualität der Bewohner:innen.

Es ist deshalb an der Zeit, dass die Gemeinde der Stadt Luxemburg endlich eine mutige und auf die Stadt zugeschnittene Strategie im Bereich der Klimaanpassung auf den Weg bringt, welche in die zukünftige Stadtentwicklung miteinfließt. Und warum nicht auch der C40-Initiative beitreten und so von anderen Vorreiter-Städten weltweit lernen, wie man Klimaschutz und -anpassung konkret umsetzt?

Fabricio Costa wohnt in Luxemburg-Pfaffenthal. Er ist Politologe und Mitglied des Vorstands von déi jonk gréng.


[1] IPCC, 2021: Summary for Policymakers. In: Climate Change 2021: The Physical Science Basis. Sixth Assessment Report. S.10

[2] Ibid, S.19

[3] UN, 2018: World Urbanization Prospects – The 2018 Revision. S.10

Erstpublikation: Luxemburger Wort, 25.09.2021


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