D’Kris als Ausried

Firwat eng ökologesch-sozial Steierreform och a Krisenzäiten ëmsetzbar wier

Was sich im Voraus wie ein erstes Warmlaufen für den Wahlkampf ankündigte, wurde dann tatsächlich auch genau das. Die vorgestrige Steuerdebatte im Parlament offenbarte klare Unterschiede zwischen den Parteien in Sachen Steuerpolitik.

Dass das Steuersystem modernisiert werden muss, darüber waren sich alle Abgeordneten einig. Bei der Richtung dieser Modernisierung jedoch schieden sich wie zu erwarten die Geister. Während zum Teil progressive Ideen präsentiert wurden, blieben die konservativen Kräfte die Antwort auf die Frage schuldig, wie sie die sozialen und ökologischen Herausforderungen anhand der Steuerpolitik konsequent angehen wollen.

Fossile Energien überwinden

Dabei spielt die Steuerpolitik eine wichtige Rolle, um nachhaltige Investitionen attraktiver zu machen und somit die Klimawende zu beschleunigen. In diesem Sinne wurde eine CO2-Steuer eingeführt, die mittlerweile bei 25€ pro Tonne CO2 liegt und im Jahr 2023 um weitere 5€ steigen soll.

Kritik an dieser Steuer gab es in der Debatte vonseiten der Linken, mit dem Argument, sie treffe vor allem jene mit niedrigem Einkommen und habe darüber hinaus keinen Lenkungseffekt. In seinen Analysen zeigt das STATEC allerdings, dass die CO2-Steuer sehr wohl einen Lenkungseffekt hat, dieser jedoch angesichts der niedrigen Bepreisung noch nicht ausreichend ist. Auch zeigen die Analysen, dass die eingeführte soziale Kompensation die Mehrausgaben für Haushalte mit niedrigen Einkommen ausgleicht.

Eine Steuerreform, bei der grundlegende Neujustierungen getroffen werden und die trotzdem finanzierbar bleibt, wäre also trotz Krise möglich.

Ein anderer Punkt, der wenig diskutiert wurde, ist die Besteuerung des fossilen Individualverkehrs. In Luxemburg gehen knapp zwei Drittel der CO2-Emissionen auf den Verkehr zurück. Zahlen der OCDE zufolge wird der Individualverkehr in Luxemburg im internationalen Vergleich aber nur sehr wenig besteuert. Die Kfz-Steuer verfügt zwar über einen progressiven Ansatz, da der Steuersatz bei höheren Emissionen steigt, die Steuer selbst ist allerdings gering. Mit etwa 70 Millionen Euro jährlich stellt sie für den Staat nur eine untergeordnete Einnahmequelle dar.

Um einen Anreiz dafür zu schaffen, sparsame Autos überdimensionierten SUVs vorzuziehen, sollte die Kfz-Steuer für Autos mit sehr hohem CO2-Ausstoß erhöht werden. Jene, die sich ein solches Fahrzeug trotz Klimakrise leisten können und wollen, würden somit stärker dazu beitragen, staatliche Investitionen in Erneuerbare zu finanzieren. Hier stellt sich dann auch die Frage, wie mit energieintensiven Elektroautos umzugehen ist. Generell sollte auch bei E-Autos ein steuerlicher Anreiz zugunsten von sparsameren Fahrzeugen geschaffen werden.

Die Berechnung der Steuer sollte auch das Alter des Fahrzeugs und die dementsprechenden Emissionen berücksichtigen, um Haushalte mit niedrigen Einkommen, die sich kein neueres, sparsameres Auto leisten können, nicht zu bestrafen.

Wohnungsmarkt umsteuern

Auch im Wohnbereich besteht Handlungsbedarf, denn hier profitieren vor allem jene mit hohen Einkommen von der Steuerpolitik. Einer Studie des Observatoire de l’habitat zufolge summieren sich die Steuervorteile für Vermieter*innen im höchsten Einkommensquintil auf über 400€ im Monat.

Auswirkungen der steuer- und sozialpolitischen Instrumente im Bereich Wohnen

Dies geht vor allem auf vorteilhafte Steuersparmodelle wie den „Amortissement accéléré“ zurück, der es Vermieter*innen von neuen Immobilien erlaubt, das gesamte Mieteinkommen von der Einkommenssteuer zu befreien.

Diese Regelung gehört ersatzlos abgeschafft, da dies nicht nur ein Steuergeschenk für Vermieter*innen darstellt, sondern auch die Nachfrage nach Immobilien und somit auch die Preise weiter antreibt. Dem Staat stünden jährlich etwa 50 Millionen zusätzlich zur Verfügung, die z.B. in den öffentlichen bezahlbaren Wohnungspark investiert werden könnten.

Wie die ADR den „Amortissement accéléré“ weiterhin zu verteidigen, bedeutet nichts anderes, als den Wohlhabenden in unserer Gesellschaft in Zeiten der Wohnungskrise ein Recht auf steuerfreie Immobilien zuzugestehen und das auf Kosten der Allgemeinheit. Gerechtigkeit geht anders.

Kapital gerecht besteuern

In den letzten Jahren ist das Armutsrisiko gestiegen und liegt mittlerweile bei 17,4%. Mit der derzeit hohen Inflation geraten die betroffenen Haushalte weiter unter Druck.

DP, CSV und ADR lehnten eine stärkere Besteuerung des Kapitals jedoch ab und tragen somit dazu bei, ein System, das steigende soziale Ungleichheiten fördert, weiter zu zementieren.

In der Debatte wurden deshalb vermehrt Steuerentlastungen für Haushalte vorgeschlagen. Hierbei sollte man jedoch gezielt vorgehen und nur niedrige bis mittlere Einkommen entlasten. Die von manchen geforderte Anpassung der Steuertabelle an die Inflation hingegen würde auch jene mit höheren Einkommen stark entlasten, die diese Hilfe nicht benötigen. Auch der Vorschlag der CSV, die Eintrittstranche in der Steuertabelle auf 15.000€ anzuheben, wäre alles andere als sozial selektiv.

Neben dem steigenden Armutsrisiko geht auch die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander. Die Umverteilung funktioniert zwar weiterhin, sie schafft es jedoch nicht, die steigenden Ungleichheiten aufzufangen.

Armutsrisiko vor und nach Sozialtransferts

Teil des Problems ist die sehr vorteilhafte Besteuerung des Kapitals. Dividenden werden nur zur Hälfte besteuert und Gewinne aus dem Kauf und Verkauf von Aktien sind komplett steuerbefreit, wenn man sie länger als 6 Monate im Besitz hatte. Außerdem werden Vermögen von Privatpersonen abgesehen von der sehr niedrigen Grundsteuer nicht besteuert, genauso wie Erbschaften in direkter Linie. Auch der Kauf und Verkauf von Immobilien wird heute steuerlich begünstigt.

Angesichts der steigenden Ungleichheiten drängt sich eine stärkere Besteuerung des Kapitals auf, sowohl bei Kapitalerträgen als auch bei den Vermögen und Immobilien. Dies könnte dem Staat hunderte Millionen zusätzliche Steuereinnahmen verschaffen, die für Entlastungsmaßnahmen an anderer Stelle genutzt werden könnten.

DP, CSV und ADR lehnten eine stärkere Besteuerung des Kapitals jedoch ab und tragen somit dazu bei, ein System, das steigende soziale Ungleichheiten fördert, weiter zu zementieren. Genau wie beim Thema Sicherheit wurden Ängste heraufbeschworen. Eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes würde der DP und der ADR zufolge die Attraktivität des Landes aufs Spiel setzen. Außer Acht gelassen wurde dabei, dass es mittlerweile vor allem die exorbitanten Wohnungspreise sind, die der Attraktivität unseres Landes schaden, und nicht der Spitzensteuersatz.

Außerdem hätten Gutverdiener*innen wohl kein Problem damit, ein paar Prozent mehr Steuern auf ihr ohnehin hohes Einkommen zu zahlen, wenn dafür mehr Geld vorhanden wäre, um z.B. einen leistungsfähigen öffentlichen Transport, gute (außer-)schulische Infrastruktur und mehr bezahlbaren Wohnraum zu finanzieren.

Jetzt handeln

Am Ende der Debatte erklärte die Finanzministerin, man wolle sich in dieser Legislatur auf ein paar punktuelle Maßnahmen beschränken, da eine umfassende Steuerreform angesichts der derzeitigen Krise nicht umsetzbar sei.

Doch keiner weiß, wie lange die Krise noch andauern wird und wie sich der Staatshaushalt weiterentwickeln wird. Außerdem sind wir als Gesellschaft mit großen Herausforderungen konfrontiert, die nicht einfach verschwinden, weil derzeit in der Ukraine ein Krieg tobt. Im Gegenteil: Die derzeitige Energiekrise zeigt, dass wir den Systemwechsel in Richtung Klimaneutralität noch schneller vorantreiben müssen. Die steigende Inflation wiederum verstärkt die bereits vorhandenen sozialen Schieflagen.

Eine fundamentale Modernisierung des Steuersystems darf deshalb nicht auf eine unbestimmte Zeit nach der Krise verschoben werden. Entlastungen für niedrige und mittlere Einkommen, steuerliche Anreize für mehr Klimaschutz, sowie höhere staatliche Investitionen könnten durch eine konsequentere Besteuerung von Reichtum und Kapital, einer gerechten Besteuerung der Einkommen aus Immobilien und einer Stärkung des Verursacherprinzips finanziert werden.

Eine Steuerreform, bei der grundlegende Neujustierungen getroffen werden und die trotzdem finanzierbar bleibt, wäre also trotz Krise möglich. Doch dann müsste man natürlich ein Jahr vor den Wahlen zugeben, dass das Versprechen einer Steuerreform ohne Verlierer nichts anderes als ein Märchen war.

Fabricio Costa ist Politologe und Co-Vorstandsvorsitzender von déi jonk gréng.

Erstpublikation: Luxemburger Wort, 16.07.2022


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